Schwerpunkt Psychische Gesundheit im Schulkontext

Laufende Projekte

Resilience: Evaluation von zwei Präventionsprogrammen zur Förderung der psychischen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern

Das Projekt Resilience dient der Evaluierung von zwei Förderprogrammen zur Stärkung psychischer Gesundheit und von deren Implementierung in den Schulalltag. Die beiden Förderprogramme werden in den Schuljahren 2022/2023 und 2023/2024 von multiprofessionellen Teams (Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, Lehrkräften, u.a.) durchgeführt. Die Evaluationsergebnisse können dazu beitragen, zukünftig die Implementierung schulbasierter Präventionsprogramme zu optimieren.

Pandemiebedingt leiden viele Schülerinnen und Schüler verstärkt unter psychischen Belastungen. Im Rahmen des hessischen Landesprogramms Löwenstark – der BildungsKICK zur Unterstützung von Schulen bei der Bewältigung der Corona-Krise werden von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen in Kooperation mit Lehrkräften die beiden Präventionsprogramme Safe Place und Psychische Gesundheit und Schule modular im Unterricht mit dem Ziel durchgeführt, Fertigkeiten zur Stressbewältigung zu stärken, psychische Belastungen zu reduzieren und die Resilienz und die psychische Gesundheit zu fördern.

Safe Place ist ein Programm zur Resilienzförderung und Stressbewältigung, das vom Trauma Center for Victims of Terror and War (NATAL) in Israel entwickelt und durch das Kompetenzzentrum Schulpsychologie Hessen für den schulischen Kontext in Deutschland adaptiert wurde. Im Rahmen von Löwenstark – der BildungsKICK wird Safe Place in den Schulklassen vier bis sieben eingesetzt. In den Schulklassen acht bis elf kommt das Unterrichtsprogramm Psychische Gesundheit und Schule zum Einsatz, das in Kanada an der Dalhousie Universität und dem IWK Health Centre entwickelt und durch das Zentrum für Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter (ZPI) der Universität Bielefeld für den schulischen Kontext in Deutschland adaptiert wurde.

Das am Kompetenzzentrum Schulpsychologie Hessen angesiedelte Projekt Resilience zielt darauf ab, die Umsetzung, Wirksamkeit und Akzeptanz der zwei Präventionsprogramme wissenschaftlich zu evaluieren. Folgende Fragestellungen sind Gegenstand der Evaluationsstudie:

  1. Wie wirksam ist Safe Place, um Stressbewältigungsfertigkeiten und die Resilienz von Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen vier bis sieben zu stärken?
  2. Wie wirksam ist Psychische Gesundheit und Schule, um die psychische Gesundheitskompetenz (Wissen, Einstellungen und Hilfesuchverhalten bezüglich psychischer Gesundheit) von Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen acht bis elf zu stärken sowie Stigmatisierung zu reduzieren?
  3. Wie bewerten Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen die Präventionsprogramme (Einschätzung der Akzeptanz)?

Für die ersten beiden Fragestellungen wird die Wirksamkeit der Präventionsprogramme Safe Place und Psychische Gesundheit und Schule mit Hilfe eines Vortest-Nachtest-Follow-up Kontrollgruppendesigns evaluiert. Für die dritte Fragestellung wird mit Hilfe eines quantitativen Fragebogens einerseits und qualitativer Fokusgruppen andererseits die Einschätzung der Akzeptanz von Schülerinnen und Schülern erfasst.

Die Nachfrage durch die Schulen zur Programmteilnahme konnte im Schuljahr 2022/2023 von den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen nicht vollständig abgedeckt werden. Um dem erhöhten Bedarf einer verstärkten psychosozialen Unterstützung gerecht werden zu können, koordiniert das KSH im Schuljahr 2023/2024 die Multiplikation der Löwenstarkprogramme zur nachhaltigen Implementation in hessischen Schulen. Dabei werden multiprofessionelle Teams (Lehrkräfte, Fachkräfte aus der Schulsozialarbeit, UBUS-Fachkräfte) durch die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen fortgebildet, die Programme unter schulpsychologischer Supervision an ihren Schulen durchzuführen. Diese Multiplikationsphase wird ebenfalls im Hinblick auf die o.g. Fragestellung evaluiert.

Das Projekt Resilience ist im IDeA-Zentrum (DIPF çLeibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation) registriert.

Präregistrierung Psychische Gesundheit und Schule: https://osf.io/3h6gq/

Präregistrierung Safe Place: https://osf.io/ya6xf/

Mehr zu den Programmen:

Safe Place: https://kultusministerium.hessen.de/Schulsystem/Schulpsychologie/Safe-Place-Training-fuer-Schuelerinnen-und-Schueler

Psychische Gesundheit und Schule: https://kultusministerium.hessen.de/schulsystem/schulpsychologie/impres

Kontakt: M.Sc.-Psych. Shari Jana Dudda, Dr. Alexa von Hagen, Prof. Dr. Gerhard Büttner


Wirksamkeit von Präventionsprogrammen zur Förderung der psychischen Gesundheitskompetenz im schulischen Kontext: Systematic Review & Meta-Analyse

Ein zunehmend anerkannter Ansatz zur langfristigen Stärkung des psychischen Wohlbefindens besteht darin, Kindern und Jugendlichen Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der psychischen Gesundheit zu vermitteln. In den letzten Jahren hat dieser Ansatz unter dem Begriff "mental health literacy" (MHL) zunehmend Beachtung gefunden. Studien deuten auf signifikante Auswirkungen von MHL-Programmen auf MHL-Komponenten hin. Die Evaluierung von MHL-Programmen in Bildungseinrichtungen ist angesichts der zunehmenden Entwicklung von Präventionsprogrammen ein sich noch entwickelndes Forschungsgebiet.

Im Mittelpunkt des aktuellen Systematic Reviews steht die Bewertung der Wirksamkeit universeller schulbasierter MHL-Präventionsprogramme im Hinblick auf die Komponenten der MHL (Wissen über psychische Gesundheit/Erkrankungen, Stigmatisierung, Hilfesuche) bei Schülerinnen und Schülern im Alter von fünf bis 21 Jahren in der Primar-/Sekundarstufe. Ein weiteres Ziel ist es, die unterschiedlichen Auswirkungen solcher Interventionen nach Alter, Geschlecht, Dauer/Frequenz der Intervention, Trainerin/Trainer, Inhalt und Art der Durchführung zu untersuchen, um die künftige Entwicklung von Praxisleitlinien zu unterstützen. Das Projekt befindet sich zur Zeit in der Phase der Erstellung des Protokolls, das in Kürze als Registered Report eingereicht werden soll.

Die Präregistrierung ist derzeit in Arbeit und wird in naher Zukunft auf dem Open Science Framework hochgeladen.

Kontakt: M.Sc.-Psych. Shari Jana Dudda, Dr. Alexa von Hagen, Prof. Dr. Gerhard Büttner



Abgeschlossene Projekte

Stressbewältigung im Kindes- und Jugendalter: ein Rapid Review zu Evaluationsinstrumenten

In dieser Studie wurde anhand einer Rapid Review Methodik verfügbare Instrumente zur Messung der Stressbewältigung bei Kindern und Jugendlichen gesichtet und zusammengefasst. Zusätzlich wurde eine Bewertung der Gesamtqualität der Instrumente gemäß den COSMIN-Standards und -Kriterien durchgeführt. Folgende Forschungsfragen wurden untersucht:

  1. Welche evidenzbasierten Instrumente stehen zur Messung der Stressbewältigung bei Kindern und Jugendlichen zur Verfügung?
  2. Welche Bewältigungsstrategien (Coping-Familien) messen diese Instrumente?
  3. Welche Informationen liegen zu den psychometrischen Gütekriterien dieser Instrumente vor?
  4. Wie ist die Gesamtqualität dieser Instrumente gemäß den COSMIN-Standards und -Kriterien?

Am 27. Mai 2022 wurde das Protokoll für das Rapid Review auf dem Open Science Framework vorregistriert. Dabei wurden die PRISMA-P-Richtlinien sowie die methodischen Empfehlungen für Rapid Reviews befolgt. Die Suche fokussierte auf Peer-Review-Studien, die ab dem Jahr 2002 in PsycInfo und PsycArticles (über EBSCOhost), PSYNDEXplus und ERIC (über ProQuest) veröffentlicht wurden. Es wurden nur Studien in englischer, deutscher und spanischer Sprache berücksichtigt, da das Review-Team diese Sprachen fließend beherrscht. Folgende Inklusionskriterien wurden angewandt: (a) die Studien mussten sich auf ein Instrument konzentrieren, das ausdrücklich zur Messung der Stressbewältigung ausschließlich bei Kindern (6 bis 12 Jahre) und/oder Jugendlichen (13 bis 18 Jahre) eingesetzt wird, und (b) empirische Daten über die Entwicklung und/oder Validierung dieses Instruments enthalten.

Insgesamt erfüllten 12 der ursprünglich identifizierten 953 Studien die Inklusionskriterien und bilden somit die Evidenzbasis für die Beantwortung der Forschungsfragen dieser Studie. Die Ergebnisse liefern nützliche Informationen für Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, indem Sie eine evidenzbasierte Auswahl von Instrumenten zur Bewertung der Stressbewältigung bei Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse wichtige Lücken auf, in denen künftige Forschung notwendig ist.

Ein wissenschaftliches Manuskript zu dieser Studie ist derzeit in Arbeit.

Präregistrierung: Costa Corral, L., Eichberger, T., Vannini, N., von Hagen, A., & Büttner, G. (2022). Coping with Stress in Childhood and Adolescence: Protocol of a Rapid Systematic Review of Evaluation Instruments. Open Science Framework. https://osf.io/aqwsh?view_only=a8ecbe3f563744fca7ea7c84f1cc9034

Kontakt: Dr. Alexa von Hagen, Prof. Dr. Gerhard Büttner


Adaptierung des COVID-19-Stress-Fragebogens zur Erfassung von pandemiebedingter psychischer Belastung bei Kindern und Jugendlichen in eine deutsche Version

Bislang liegen keine deutschsprachigen Erhebungsinstrumente für Stressfaktoren bei Kindern und Jugendlichen während der COVID-19-Pandemie vor. Der englischsprachige COVID-19-Stress-Fragebogen von Styck et al. (2021) wurde deshalb in eine deutsche Version adaptiert und die psychometrischen Eigenschaften wurden untersucht. Anhand einer Berliner Stichprobe (N = 264) an Grundschulen, Integrierten Sekundarschulen und Gymnasien wurden die Faktorenstruktur, Reliabilität sowie Konstrukt- bzw. konvergente Validität der deutschsprachigen Version überprüft. Die Ergebnisse zeigen eine Vier-Faktoren-Struktur, die eine zufriedenstellende Modellgüte widerspiegelt und aus folgenden Faktoren besteht: (a) Existenzangst, (b) Schulstress, (c) Krank durch Corona und (d) Keine sozialen Aktivitäten. Die interne Konsistenz nach Cronbachs α beträgt .84 und die Item-Trennschärfen liegen zwischen .37 und .61. Die konvergente Validität wurde mit dem SSKJ 3-8 R Fragebogen (Lohaus et al., 2018) geprüft und konnte bestätigt werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass die adaptierte deutsche Version des COVID-19-Stress-Fragebogens eine gute psychometrische Güte aufweist. Sie eignet sich zur Erfassung von spezifischen pandemiebedingten Stressfaktoren, denen Kinder und Jugendliche ausgesetzt waren und sollte für den gesamten deutschsprachigen Raum weiterentwickelt werden.

Ein wissenschaftliches Manuskript zu dieser Studie ist derzeit in Arbeit.

Literatur: Styck, K.M., Malecki, C.K., Ogg, J., & Demaray, M.K. (2021). Measuring COVID-19-Related Stress Among 4th Through 12th Grade Students. School Psychology Review50(4), 530–545. https://doi.org/10.1080/2372966X.2020.1857658

Kontakt: Dr. Alexa von Hagen


Schulpsychologische Beratung im Kontext von Belastungserleben und Stress bei Lehrkräften

Lehrerinnen und Lehrer unterliegen bei der Ausübung ihres Lehrberufs einer hohen Belastung und Beanspruchung. Daher ist diese Thematik seit nunmehr rund 40 Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Lehrkräfte gelten - im Vergleich zu anderen Berufsgruppen - als stark Burnout gefährdet und für mindestens 10% der tätigen Lehrkräfte besteht dringender Handlungsbedarf hinsichtlich einer Förderung ihrer Gesundheit. Aufgrund der bisherigen Forschung sind bereits maßgebliche arbeits- sowie personenbezogenen Einflussfaktoren, die sich auf die Gesundheit auswirken, bekannt. So standen lange Zeit allgemeine und berufsunspezifische Bewältigungsstile im Vordergrund (z.B. Typ-A-Verhalten). Inzwischen werden zunehmend tätigkeitsspezifische Präventions- und Interventionsstrategien (Verhaltensprävention) als vielsprechender Ansatz untersucht. Gleichzeitig scheinen unterbreitete Angebote zur Gesundheitsförderung viele Lehrkräfte an den Schulen nicht zu erreichen. Dies wirft die Frage auf, welche Maßnahmen unter welchen Bedingungen geeignet sind, die Gesundheit von Lehrkräften nachhaltig zu fördern. In diesem Zusammenhang erscheint die schulpsychologische Beratung als Unterstützungssystem für Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulen von zentraler Bedeutung für gezielte Interventionen darzustellen. Um dies genauer analysieren zu können, wurden Daten zur Rolle der Beanspruchung und Belastung von Lehrkräften in der hessischen schulpsychologischen Beratungspraxis erhoben und ausgewertet. Es zeigt sich u.a., dass viele Schulpsychologinnen und Schulpsychologen im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Lehrkräften unmittelbar mit dieser Thematik konfrontiert sind.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden in 2018 auf dem Bundeskongress Schulpsychologie vorgestellt: Vannini, N., & Jeck, S. (2018, Oktober). Schulpsychologische Beratung im Kontext von Belastungserleben und Stress bei Lehrkräften. Vortrag.

Kontakt: Dr. Stephan Jeck


Inanspruchnahme schulpsychologischer Beratung durch Lehrkräfte

Anknüpfend an das o.g. Projekt „Schulpsychologische Beratung im Kontext von Belastungserleben und Stress bei Lehrkräften“ war das Ziel dieser neuen Studie, die Inanspruchnahme schulpsychologischer Beratung durch Lehrkräfte besser zu verstehen, da in der Literatur kaum systematische Modellvorstellungen zum Verlauf der Inanspruchnahme von (schul-)psychologischer Beratung vorliegen. Konsens scheint darüber zu herrschen, dass die Inanspruchnahme professioneller (psychologischer) Hilfe ein Prozess ist. Dieser Prozess wird von verschiedenen personenbezogenen, soziokulturellen und organisatorischen Faktoren beeinflusst, die grob in erschwerende und erleichterte Einflussfaktoren unterschieden werden können.

Entsprechend wurde in dieser Studie der Frage nachgehen, welche Faktoren relevant dafür sind, dass Lehrkräfte Angebote der schulpsychologischen Beratung (nicht) nutzen. Hiermit wird versucht, die bestehende Forschungslücke zu schließen und Anregungen für die schulpsychologische Praxis zur Verfügung stellen zu können. Lehrkräfte aller Schulformen wurden im Rahmen einer querschnittlichen Erhebung mittels eines Online-Fragebogens befragt. Dazu wurde eine Fragebogenbatterie eingesetzt, die folgende Aspekte erfasst: sozio-demographische Daten, Erfahrungen und Einstellungen bezüglich der Inanspruchnahme schulpsychologischer Beratungsangebote (inkl. organisatorischen Hindernissen), Einstellung zu Hilfesuchverhalten, berufliche Belastung und Beanspruchung, (berufliche) Problembewältigung, Lehrkräfte Selbstwirksamkeit, (persönliche, soziale und berufsbedingte) erwartete Kosten und Nutzen einer Inanspruchnahme schulpsychologischer Beratungsangebote und Intention zur Inanspruchnahme schulpsychologischer Beratungsangebote.

Kontakt: KSH-Team (info@kompetenzzentrum-schulpsychologie-hessen.de)